Eine Schönheit auf feuchten Wiesen

Eine Liebeserklärung an die Schachblume

Schachblume
Schachblume

Eine attraktive Erscheinung ist sie ja, hat eine schlanke, grazile Figur und ein hübsches Köpfchen. Sie wohnt an der Elbe zwischen Over und Wuhlenburg. Nein, es ist nicht Miss Seevetal oder Miss Stelle oder ein Top-Model aus der Elbmarsch.

 

Gemeint ist eine Schönheit, die auf feuchten Wiesen zu Hause ist, gerade mal 30 Zentimeter groß wird und jedes Jahr viele Menschen bezaubert: die Schachblume. Sie ist die große Attraktion im Naturschutzgebiet „Untere Seeveniederung“, wenn sie im Frühjahr zu Tausenden die Wiesen färbt mit ihren purpurfarbenen, vereinzelt auch weißen Blüten. Zur Zeit der Hochblüte Ende April/Anfang Mai kann man sie besonders bewundern, wenn Gras und andere Pflanzen noch niedrig sind und die Blüten der Schachblume das Bild der Wiesen und Weiden bestimmen. Unsere NABU-Gruppe bietet dann Führungen an, die auch andere Kostbarkeiten des Naturschutzgebietes zum Inhalt haben, zu finden unter dem Link „Veranstaltungen“.


Der botanische Name der Schachblume ist Fritillaria meleagris. Sie gehört zur Familie der Liliengewächse (Liliaceae) und dort in die Gattung Fritillaria (von lateinisch fritillus =Würfelbecher, wegen der Form der Blüten). Den wissenschaftlichen Beinamen erhielt die Schachblume von meleagris = Perlhuhn. Mancher mag darauf auch das Muster eines Schachbrettes erkennen, weshalb die Pflanze auch Schachbrettblume genannt wird. Dabei ist das namengebende Muster auf der purpurnen Variante besonders markant und bei der weißen Form nur undeutlich zu erkennen. Andere Namen sind Wiesentulpe oder Kiebitzei.

 

Die Schachblume entwickelt sich im zeitigen Frühjahr aus einer Zwiebel und erreicht eine Höhe von meistens 20 bis 30 cm. Am Stängel bilden sich 5 – 10 schmale Blätter und jeweils eine, selten zwei glockenförmige, herabhängende Blüten. Die Bestäubung erfolgt in erster Linie durch Hummeln. Es werden bis zu 150 Samen pro Pflanze gebildet. In der zweiten Junihälfte fallen diese aus der Samenkapsel heraus und werden verbreitet und die oberirdischen Teile der Pflanze sterben ab. Maßnahmen der Grünlandbewirtschaftung im Naturschutzgebiet  nehmen  auf diesen Zeitpunkt besondere Rücksicht.

 

Die Samen der Schachblume sind sehr gut schwimmfähig. Man nimmt an, dass die Pflanze sich aus ihrer ursprünglichen Heimat in Südosteuropa in grauer Vorzeit mit Hilfe ihrer schwimmfähigen Samen entlang den Fluss- und Stromtälern ausbreiten konnte. Dementsprechend befinden sich die Vorkommen bei uns auch in den Küsten- und Flussmarschen des Tieflandes, wo die Pflanze auf feuchten und nassen, zeitweise überschwemmten Böden gedeiht. Andere Bestände beruhen auf Anpflanzungen und Auswilderungen aus Gärten und Zucht.

 

Die Schachblume ist heute sehr selten geworden. Die Zerstörung von Feuchtgebieten und intensive Landnutzung setzen ihr unvermindert zu. Sie gilt in Deutschland als stark gefährdet und ist nach der Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt. Massenbestände wie bei uns in der Unteren Seeveniederung sind eine Rarität. Wahrscheinlich ist dieses Vorkommen das größte in Deutschland.

Die Unterschutzstellung des Gebietes als Naturschutzgebiet ermöglicht eine Bewahrung vor Beeinträchtigungen und eine Anpassung der Bewirtschaftung der Flächen an die Lebensansprüche der Pflanze.

Das Märchen von den Schachblumen

Heimatkundlich spielt die Schachblume schon wegen ihrer lokal verbreiteten verschiedenen Namen eine Rolle. Es gibt aber auch ein Märchen über die Entstehung des Bestandes im Junkernfeld, das von Margarete Hagen in Plattdeutsch aufgeschrieben und in der Ortschronik von Hörsten nachzulesen ist:

 

Dat Märken vun de Schachbloomen.  Wunner in dat Junkernfeld.

 

Dar es mal en Junker west, de hett für sien Leven geern Schach speelt. Allens üm un bi vergeet he denn. Sien Öllern weern heel trurig dat jüm ehr enzigst Söhn sik üm Huus un Hoff nich veel kümmern dee. Ut smucke or rieke Deerns möök he sik ok nix. Üm Söhn un Anwesen deep in Sorgen, wüssen se´t op´t lest aver so intorichten, dat em en frömd Eddelfrollein bemöten dee. Se weer noch schöner un veel rieker as all de annern. Eerst weer he eer ok in Leev todaan. De Öllern kunnen sik to den Hochtiedsdag al frein. Man denn keem sein Fründ vun en lange Reis trüch un bröch en nies Schachspeel mit. Dar seten se wedder, harrn dat Brett vör sik un setten de ut wunnerbar Holt snittkerten Poppen.

Dat güng al de halve Nacht nu so. An den Fröhjohrsavend harr den Junker 

sien Brut avers en Spazeergang versproken. Dar bi de ol holl Wichel achtern an de Seev wullen se sik drapen. Mööd vun´t lange Töven, harr de Bruut sik daalsett, löhn sik an den hollen Stamm un weer bold inslapen. Man se ween in´n Slaap. Dat höörten de lütten Elfen, de dar to Nachttied bi Maanschien an´n Danzen weern. Een vun jüm möök sik groot un stell sik blangen eer. Se straak ehr över´t Haar un fraag, worüm se denn so ween. Dar waak de Jungfer op, verfehr sik, dat statts ehr Brögam en frömde Frau vör ehr stünn, de wunnerschöön utseeg un en lang´ witt Kleed anharr. Se wunner sik ok, dat´t nu all Nacht weer. Nu klaag se de Fru ehr Leed. „Ja“, sä de to ehr, „dien Brögam sitt mit sienen Fründ un speelt Schach“. Dar wörr de Bruut heel füünsch un füng an to flöken un reep: „Wenn´t so ist, hett he mi nich mehr leev! Niemehr will´k em weddersehn!“

„Is dat all dien lest Woort?“ fraag de Fru. „Ja. Ja!“ reep de vertwievelt Bruut, „laat em bi sien Schachspeeln blieven! Mienethalven för jümmer un ewig!“ Begöschen kunn ehr de Fru nu nich mehr.

Dar leet de Fee den Junker un sienen Fründ bi´t Schachspeel inslapen. Dood weern se nich. Keen Dokter kunn helpen un keen vun de olen kloken Fruuns harr en Kruut dargegen. ´n Tied bleev de Jungfer noch, aver denn reis se wedder na Huus, op eer Eiland elvdaalwarts vun Hamborg.

Maa, as wedder Fullmaan weer, haal sik de Fee den Junker un nööm em mit sik op de Wischen. Dar umdanzden em de Elfen un he wörr to en egenardig Bloom vertövert. De leet trurig den Kopp hangen, man en fien Schachbrett weer op ehr intekend. En poor lütte Druppen, liek as Tranen seten an de Spitz vun elkeen Blomenblatt. Gegen Morgen, as de Sünn opgüng, un mit ehr warmen Strahlen mal even över de Wischen streek, lüchen se jüst so hell as anner Daudruppen ok.

Um de Tied güng de Jungfer mal avends över ehr lütt Land. Se weer heel trurig un dach an den Junker. Nu dee he ehr doch leed. Op´t leest bemött ehr de Fee in´n Maanschien. „Ik weet, dat di´t nu duurt! Dorüm hest enen Wunsch frie! Up´e Stääd will ik em die erfüllen“, sä de Fee. Dar wünsch sik dat Mäken, dat se wedder bi ehrn Brögamm sien müch. Dat güngg nu nich mehr. Darüm verwannel ehr de Fee in so´n Bloom, as de Junker worden weer. Mehr leet sik nich doon für de beiden.

„Nie witt! Nie witt!“ schriet de Kiebitzen, wenn se över de Wischen fleegt, wo de Schachblomen mit ehr bunten Placken jüst so utseht, as de Vagels ehr Eier.

In helle Nachten, wenn de vulle Maan sik in Elv un Seeve spegeln deit, danzt de Elfen jümmer noch üm de velen Schachblomen dar nerden in de Wischen.

De olen Lüüd nöömt dat Flach an de Seeve bit op düssen Dag – Dat Junkernfeld.

 

Hier ist nachzutragen:

 
Die Jungfer trug bei ihrer Verwandlung in eine Blume ein weißes Kleid. Daher blühen alle „weiblichen“ Schachblumen weiß. Es fehlt auch das Schachbrettmuster auf ihrem Blumenkleid. Kein Wunder, sie waren vor ihrer Verwandlung ja auch keine Schachspieler, sondern nur die Bräute derselben.

 


Die Schachblume zur Zeit der Hochblüte im Junkernfeld in der Unteren Seeveniederung
Die Schachblume zur Zeit der Hochblüte im Junkernfeld in der Unteren Seeveniederung