Für jeden Monat hat unsere NABU Gruppe eine Pflanze ausgewählt, die bekannter gemacht werden soll. Vor allem zur Winterszeit, wenn wachsende oder gar blühende Pflanzen selten sind, stellen wir aber auch mal einen Pilz vor.
Es handelt sich meist um Pflanzen (oder Pilze), die überall zu finden sind und oft auch im Garten der Natur wachsen. Der "Garten der Natur" befindet sich in Winsen auf dem ehemaligen Gartenschaugelände und wird von uns angelegt und weiterentwickelt als gärtnerische Anlage mit natürlichen und naturnahen Elementen.
Tiegelteuerling (Crucibulum laeve)
Familie: Champignonartige, Agaricaceae
Letztes Jahr, kurz vor Weihnachten, fand ich seltsame Pilze zwischen am Boden liegenden toten Zweigen an einem Waldrand. Noch seltsamer ist, dass diese Pilze zu den Verwandten unserer allbekannten Champignons zählen, obwohl sie denen in keiner Weise ähneln.
Der Tiegelteuerling ist ein Winzling von bis zu einem Zentimeter Höhe. Zunächst hat der Pilz kugelförmige Gestalt, streckt sich dann und nimmt zuletzt die Form eines Tiegels oder Töpfchens an, das oben mit einem Deckelchen verschlossen ist. Während des Wachstums reißt das Deckelchen ein und gibt den Blick ins Innere des Tiegels frei. Dort befinden sich etwa 1 bis 1,5 Millimeter große, in etwa linsenförmige Sporenpakete von weißlicher Farbe, die mit feinen Myzelsträngen innen an der glatten cremefarbenen Innenseite des Tiegels befestigt sind.
Man findet den Tiegelteuerling gemäß Angaben aus der Literatur von Juni bis Oktober auf morschem Holzresten, wie Zweigen und Zapfen, auch auf alten Strohdächern oder einfach auf dem Erdboden. Das Vorkommen des Pilzes noch im Dezember hat möglicherweise mit den infolge des Klimawandels wenig winterlichen Temperaturen zu tun. Man findet diesen Pilz nicht besonders häufig in verschiedenen Waldtypen, meist an deren Rändern. Seltener wächst er in Gärten oder auf Wiesen.
Alte Exemplare des Tiegelteuerlings dunkeln nach und sind schließlich fast schwarz. Der Tiegel ist dann gewöhnlich leer, die Sporenpakete werden von Regentropfen herausgeschleudert und bilden die Grundlage für die nächste Pilzgeneration.
Die Bezeichnung „Teuerling“ beruht darauf, dass man früher die Sporenpakete Münzen gleichgesetzt hat, und wenn der Tiegel viele davon enthält, sei eine Teuerung zu erwarten.
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Dezember 2022)
Weiße Taubnessel (Lamium album)
Familie: Lippenblütengewächse, Lamiaceae
Wie die Rote Taubnessel (s. Pflanze des Monats Februar 2014) hat auch die Weiße Taubnessel eine ausgedehnte Blütezeit. Man findet sie vom zeitigen Frühjahr bis spät im Jahr. Der Klimawandel mit vergleichsweise hoher Temperatur noch im November begünstigt dies anscheinend.
Die Weiße Taubnessel ist eine Staude, deren Ausläufer und Wurzeln überwintern, während Stängel und Blätter im Herbst absterben und im folgenden Frühling neu auswachsen. Die Pflanze erreicht eine Höhe von fast dreiviertel Meter, bleibt meist aber deutlich kleiner. Am vierkantigen Stängel sind die eiförmig-zugespitzten Laubblätter kreuzgegenständig angeordnet. Blüten erscheinen erst im zweiten oder dritten Jahr. Diese sind in quirl-ähnlichen Blütenständen in den Achseln der oberen Blätter angeordnet. Sie können bis zu sechs „Stockwerke“ bilden. Der grüne Blütenkelch besteht aus fünf spitzen, etwa einen Zentimeter langen Blättern, während die Blüte selbst weiß ist und sich in Ober- und Unterlippe gliedert. Diese Blütenkrone ist bis zu zweieinhalb Zentimeter groß.
Die Blütezeit wird mit April bis Oktober angegeben. In den letzten Jahren findet man blühende Exemplare zunehmend aber auch schon im März und noch im November. Die Pflanze kommt auf vielen nicht zu trockenen Standorten zurecht, gedeiht aber am besten bei guter Versorgung mit Stickstoffsalzen. Man findet die Pflanze deshalb oft an Wegrändern, an Mauern und auf Ödland. Taubnesseln sind wichtige Nektarspender für Bienen und insbesondere für Hummeln. Zum Glück ist weder die weiße noch die rote Taubnessel bei uns selten oder bedroht.
Mit der Brennnessel haben Taubnesseln nur die Form der Blätter gemeinsam. Sie besitzen keine Brennhaare und sind mit Brennnesseln nicht näher verwandt.
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, November 2022)
Gewöhnliche Waldrebe (Clematis vitalba)
Familie: Hahnenfußgewächse, Ranunculaceae
Weniger die Blüten als vielmehr die Fruchtstände der Gewöhnlichen Waldrebe mit ihren langen, federig behaarten Griffeln fallen ins Auge. Dies umso mehr, als sie oftmals vom Herbst bis zum nächsten Frühling an den Pflanzen verbleiben.
Die Waldrebe ist eine der wenigen „echten“ Lianen unter den heimischen Gewächsen. Der Stängel windet sich z.B. um Stämme von Bäumen und Sträuchern und auch mit den langen Blattstielen ist die Pflanze imstande, sich festzuklammern. Die Blätter selbst stehen gegenständig an den Ranken, sind unpaarig gefiedert und weisen jeweils drei bis sieben Teilblättchen auf. Die Blüten haben einen Durchmesser von ca. zwei Zentimetern, sind milchig weiß und wachsen in Rispen zu 10 bis 20 Stück. Sie haben vier Blütenblätter und zahlreiche Staubblätter, die lang abstehen. Die Waldrebe ist ein „echtes“ Gehölz, das aus dem verholzenden Stängel jährlich wieder auswächst und an ihrem „Gast-Gehölz“ bis über 10 Meter Höhe klimmen kann.
Die Gewöhnliche Waldrebe blüht von Juni bis in den Oktober hinein. Sie ist bei uns nicht sonderlich häufig, gilt aber gemäß Roter Liste als nicht gefährdete Pflanzenart. Typischerweise wächst sie auf nicht zu trockenem Boden in Auwäldern, an Waldrändern und Gebüschen. Auch an Mauern findet man sie gelegentlich. In Winsen ist mir unter anderem ein Vorkommen am Ufer der Luhe bekannt, im Bereich der Spundwand, direkt neben der Deichstraßen-Brücke.
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Oktober 2022)
Nessel-Seide (Cuscuta europaea)
Familie: Seidengewächse, Cuscutaceae
Die Nessel-Seide ist eine Pflanze ohne Blattgrün. Sie ist deshalb ein sogenannter „Vollschmarotzer“, der die benötigten Lebenssäfte anderen Pflanzen entnimmt. Bevorzugt dabei werden, wie der Name schon sagt, Brennnesseln. Die Pflanze ist gar nicht so selten und sie gedeiht am besten auf wohlgenährten Wirten, die auf feuchten Standorten wachsen.
Die Nessel-Seide windet sich um ihre Wirtspflanze. Der Stängel ist bindfadenstark, verzweigt und bis zu einem Meter lang. Vom mittleren Bereich des Stängels bis in die Spitze findet man kugelige, ca. 1,5 Zentimeter durchmessende Knäuel von 10 bis mehr als 30 Blüten. Die Einzelblüten sind winzig und haben meist fünf schmal eiförmige Zipfel. Blätter sind nicht vorhanden. Die Farbe des Stängels ist grünlich-gelblich und dort wo er der Sonne ausgesetzt ist, oft rötlich überlaufen. Auch die Blüten sind oft purpurrot überlaufen.
Die Nessel-Seide blüht von Juni bis September. Sie ist einjährig, bei uns nicht selten und gilt gemäß Roter Liste als nicht gefährdete Pflanzenart. Wie schon erwähnt, bevorzugt sie gut im Saft stehende Wirtspflanzen, oft in Feuchtgebieten und Gewässerrändern. Außer Brennnesseln wird eine Reihe weiterer Pflanzenarten befallen, wie die Gewöhnliche Zaunwinde oder der Gewöhnliche Beifuß.
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, September 2022)
Nickender Zweizahn (Bidens cernua)
Familie: Korbblütengewächse, Asteraceae
Der Nickende Zweizahn mit seinen großen randständigen Blütenzungen ist schon eine auffallende Pflanze. Die Verwandtschaft, etwa der Dreiteilige Zweizahn (Bidens tripartita), begnügt sich mit Blütenkörbchen ohne Zungenblüten. Ich fand den Nickenden Zweizahn erstmals an einem Wiesenweiher bei Mienenbüttel im Jahr 2000. Seitdem kam lediglich eine Handvoll weiterer Funde hinzu.
Es handelt sich beim Nickenden Zweizahn um ein einjähriges Kraut, das aber während ihres wenige Monate währenden Lebens unter günstigen Umständen bis 90 Zentimeter hoch werden kann. Der Stängel ist aufrecht und meist erst im oberen Teil, oft nur spärlich, verzweigt. Die Blätter sind gegenständig, das heißt, es sind immer zwei Blätter gegenüberliegend am Stängel vorhanden. Sie sind 7 bis 12 Zentimeter lang, aber nur um die 2 Zentimeter breit. Der Rand der Blätter ist gezähnt. Die Blütenkörbchen stehen einzeln am Ende der Stängel und der Nebenäste, die aus den Achseln der oberen Blattpaare wachsen. Sie haben einen Durchmesser von bis zu 4,5 Zentimeter und setzen sich aus den auffallenden gelben Zungenblüten am Rand und einer großen Zahl von Röhrenblüten in der Mitte zusammen. Die Blüten sind zunächst aufrecht und „nicken“ mit dem Fortschreiten der Blüte.
Der Nickende Zweizahn wächst auf feuchtem bis nassem, gern schlammigem Boden, etwa an den Rändern von Gewässern, wie Tümpeln, Weihern oder auch Fischteichen. Er ist besonders im Tiefland heimisch und gehört im Landkreis Harburg angeblich zu den häufigen Pflanzenarten. Diese Einstufung kann ich in Anbetracht der wenigen eigenen Funde nicht recht nachvollziehen. Jedenfalls – als gefährdet gilt der Nickende Zweizahn in unserer Region nicht.
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, August 2022)
Kleine Braunelle (Prunella vulgaris)
Familie: Lippenblütengewächse, Lamiaceae
Unser Rasen wird nicht sonderlich intensiv gepflegt. Wir legen keinen Wert auf Einheitsgrün und so können sich neben Gräsern auch Moos und verschiedene Blühpflanzen halten. Das sind solche, denen eine gelegentliche Mahd nichts ausmacht, wie Gänseblümchen, Weiß-Klee und die Kleine Braunelle. Von letzterer haben wir mehrere kleine Bestände von jeweils einigen Dutzend Pflanzen.
Die Kleine Braunelle ist eine Staude, die selten höher wird als 10 Zentimeter. Vielmehr sind die Stängel meist niederliegend. Sie werden deshalb vom Rasenmäher nicht vollständig erfasst. An den vielen Verzweigungen des Stängels können sich dann von Juni bis Oktober immer wieder Blütenstände bilden. Der Stängel ist vierkantig und gegenständig mit elliptischen bis eiförmigen, gestielten Blättern besetzt. Die Blätter sind ungeteilt, höchstens am Rand etwas „gesägt“. Die Blüten bilden an den Enden der Stängel eine Ähre mit mehreren „Stockwerken“, in denen meist jeweils sechs Blüten vorhanden sind. Die Blüten sind meist blauviolett und bis 1,5 cm lang. Familientypisch sind zwei der ursprünglich fünf Blütenblätter zu einer Oberlippe verwachsen, die bei der Braunelle helmartig aufgewölbt ist, und drei Blütenblätter zur Unterlippe und den Seitenlappen.
Die Kleine Braunelle ist in großen Teilen Europas und im westlichen Asien weit verbreitet und bei uns häufig. Man findet sie vom Flachland bis ins Hochgebirge, auf Halbtrockenrasen genauso wie auf feuchten Wiesen. Die Blüten werden von verschiedenen Insekten, besonders von Hummeln, besucht.
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Juli 2022)
Saat-Mohn (Papaver dubium)
Familie: Mohngewächse, Papaveraceae
Man ist geneigt, jeden Mohn, den man am Weg- oder Ackerrand findet, als „Klatschmohn“ zu bezeichnen. Dabei gibt es noch ein paar weitere Mohnarten, denen zugegebenermaßen etwas Aufmerksamkeit gewidmet werden muss, um sie vom Klatschmohn zu unterscheiden. Einer davon ist der bei uns häufig anzutreffende Saat-Mohn.
Die Pflanze ist ein einjähriges Kraut und hat meist verzweigte Stängel, die mehr als einen halben Meter hoch werden können. Auf sehr trockenem Untergrund erreicht der Saat-Mohn gelegentlich kaum 30 Zentimeter Höhe. Die Blätter sind fiederig zerteilt und wie der Stängel abstehend rau behaart. Die Knospen sitzen an den Enden der aufrechten Stängel. Während des Aufblühens fallen die beiden grünen Kelchblätter, die die Blütenblätter umhüllen, ab. Die Blüte besteht aus vier rosa bis orangerot gefärbten Blütenblättern, die am Grund mitunter ein schwarzes Mal tragen. Ein einzelnes Blütenblatt ist bis 3,5 Zentimeter lang, die Blüte kann damit einen Durchmesser von bis zu 7 Zentimetern erreichen. Die Fruchtkapsel in der Mitte der Blüte ist von vielen dünnen Staubfäden umgeben. Sie ist zur Fruchtreife um die 1,5 bis 3 Zentimeter groß und länglich geformt. Sie verjüngt sich allmählich zum Stängel hin. Dagegen ist die Kapsel des Klatschmohns rundlich und eher gedrungen gebaut. Die Blütezeit des Saatmohns fällt in die Monate Mai und Juni und beginnt damit rund einen Monat früher als die des Klatschmohns.
Der Saat-Mohn kommt in weiten Teilen Europas vor und darüber hinaus auch im subtropischen Afrika. Nach Nordamerika wurde er eingeschleppt. Man findet ihn an Wegrändern, Bahndämmen, Abgrabungen und Aufschüttungen. Er braucht trockene, kalkarme, aber nährstoffreiche Böden.
Der Bestand des Saat-Mohns ist, wie der der meisten sogenannten Ackerwildkräuter, ist im Zuge des Einsatzes von Herbiziden in Landwirtschaft und Wegeunterhaltung, erheblich zurückgegangen.
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Juni 2022)
Gamander-Ehrenpreis (Veronica chamaedrys)
Familie Wegerichgewächse
Der Gamander-Ehrenpreis, eine von so etwa zwanzig heimischen Ehrenpreis-Arten, ist zum Glück noch häufig anzutreffen. Er wächst meist in kleineren, aber dichten Beständen, die sich zur Blütezeit, von April bis Juni, als schöne blaue Flecken präsentieren.
Der Gamander-Ehrenpreis hat meist einen aufrechten Stängel und wird bis 30 Zentimeter hoch. Meist ist die Pflanze aber nur um 10 Zentimeter groß und wächst im Bestand eher polsterartig. Die Blätter sind länglich-eiförmig und meist behaart. Sie sind gegenständig, d.h., je zwei Blätter sitzen sich am Stängel gegenüber. Die Blüten sind zu 10 bis 30 in Trauben angeordnet, die den obersten Blattpaaren entspringen. Sie sind ungefähr 1 Zentimeter breit und bestehen aus vier „Zipfeln“. Deren Farbe ist blau mit dunklerer „Aderung“.
Der Gamander-Ehrenpreis bevorzugt nährstoffreichen Boden, gern mit Humus und Lehm. Er wächst unter anderem in Gebüschen, auf Wiesen und in Wäldern. Die Pflanze ist in weiten Teilen Europas und Asiens zu finden und kommt als „Neophyt“ auch auf dem amerikanischen Kontinent vor.
Die Blüten der Pflanzen auf den Bildern sind etwas heller blau als gewöhnlich. Solche Farb-Abweichungen kommen beim Gamander-Ehrenpreis durchaus vor.
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Mai 2022)