Für jeden Monat hat unsere NABU-Gruppe eine Pflanze ausgewählt, die bekannter gemacht werden soll. Vor allem zur Winterszeit, wenn wachsende oder gar blühende Pflanzen eher selten sind, stellen wir aber auch mal einen Pilz vor.
Es handelt sich meist um Pflanzen (oder Pilze), die überall zu finden sind und oft auch im Garten der Natur wachsen. Der "Garten der Natur" befindet sich in Winsen auf dem ehemaligen Gartenschau-Gelände und wird von uns angelegt und weiterentwickelt als gärtnerische Anlage mit natürlichen und naturnahen Elementen.
Sumpf-Torfmoos (Sphagnum palustre)
Familie: Torfmoose (Sphagnaceae)
Torfmoose sind die wichtigsten Torfbildner in den heimischen Mooren. Da Moore insbesondere in Niedersachsen weit verbreitet waren, wusste man auch, was Torfmoose sind und wie sie aussehen. Heute sind die Moore bis auf kleine Reste „abgetorft“ und häufig in landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt worden. Mit ihnen sind auch die typischen Tier- und Pflanzenarten der Moore, wie das Torfmoos, selten geworden.
Torfmoose bestehen aus Stängeln, die mit kurzen Zweigen besetzt sind. Beim Sumpf-Torfmoos findet man bis zu vier dieser Zweiglein, die jeweils aus einem Punkt am Stängel wachsen. An der Spitze des Stängels stehen diese Zweige verdichtet und bilden eine sogenannte Krone. Die einzelnen Stängel bilden ein Moospolster, das unten abstirbt und oben weiter wächst.
Die zu beobachtende blasse Färbung von Torfmoosen hat ihre Ursache darin, dass nur ein geringer Teil ihrer Zellen Blattgrün enthält. Bei dem großen Rest handelt es sich um tote Zellen, die jedoch in der Lage sind, viel Wasser zu speichern.
Durch Torfmoose kommt es zu einer „Versauerung“ ihrer Umgebung. Zusammen mit der Fähigkeit, enorme Mengen an Wasser zu speichern bewirken sie maßgeblich die Entstehung von Mooren. Die absterbenden Teile der Torfmoose verdichten im Lauf langer Zeiträume und bilden unter Luftabschluss große Lager von Torf.
Aus den Mooren wird seit Jahrhunderten Torf gewonnen, der getrocknet als Brennstoff verwendet wurde. Aber erst der industrielle Abbau, jetzt überwiegend zur Gewinnung von Pflanzsubstraten, hat die Moorflächen in Niedersachsen innerhalb weniger Jahrzehnte auf weniger als 10 % des ursprünglichen Vorkommens schrumpfen lassen. Die Auswirkungen auf die Umwelt sind gravierend. Nicht nur, dass die Tiere und Pflanzen der Moore heute im Wesentlichen die Roten Listen bevölkern. Durch Entwässerung und Torfabbau wird das Moor „belüftet“, der teilweise seit Jahrtausenden im Moor gebundene Kohlenstoff wird zu Kohlendioxid und entweicht in die Atmosphäre. Nach den Emissionen aus der Industrie ist dies hierzulande die größte Quelle dieses Treibhausgases.
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Dezember 2020)
Geweihförmige Holzkeule (Xylaria hypoxylon)
Familie: Holzkeulenverwandte (Xylariaceae)
Die zu den Schlauchpilzen zählende Geweihförmige Holzkeule entspricht überhaupt nicht der Vorstellung, die man landläufig von einem Pilz hat. Ein Hut ist gar nicht vorhanden und der schwarze Stiel ist teils mehrfach geweihförmig gegabelt und im oberen Teil von anhaftendem Sporenstaub weißlich gefärbt. Dieser „Sammelfruchtkörper“ ist kaum einmal mehr als 5 Zentimeter groß.
Die Geweihförmige Holzkeule ist in den Wäldern bei uns sehr häufig und kann fast das ganze Jahr über gefunden werden. Auf vegetative Weise entstehende Konidiosporen werden über einen langen Zeitraum produziert, die auf geschlechtlichem Wege entstehenden Ascosporen werden etwa im Zeitraum März bis Mai gebildet. Sie wächst auf Stümpfen und abgefallenen vermodernden Ästen, zumeist von Laubbäumen.
Aufgrund der geringen Größe und allein schon wegen ihrer zähen Konsistenz kommt die Geweihförmige Holzkeule als Speisepilz nicht in Betracht. Als Zersetzer sorgt dieser Pilz zusammen mit vielen anderen Organismen dafür, dass totes Holz aufbereitet und wieder in den Stoffkreislauf des Waldes zurückgeführt wird.
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, November 2020)
Gewöhnliche Nachtkerze (Oenothera biennis)
Familie: Nachtkerzengewächse (Onagraceae)
Wer jetzt an geeigneter Stelle schaut, findet noch Nachtkerzen mit ihren leuchtend gelben Blüten. Die Blütezeit dieser Pflanze begann bereits im Juni und kommt Ende September/Anfang Oktober zu ihrem diesjährigen Ende.
Die Gewöhnliche Nachtkerze ist ein zweijähriges Kraut. Im ersten Jahr bildet sich eine dem Boden anliegende Blattrosette und im zweiten Jahr ein nicht oder wenig verzweigter Stängel, der über einen Meter hoch aufwachsen kann, gelegentlich sogar bis zu zwei Meter. Der Stängel ist wechselständig mit zugespitzten, schmal-elliptischen Blättern besetzt, die bis zu 20 Zentimeter lang sind. Die zwittrigen Blüten stehen in einer dichten Ähre am Ende des Stängels, die von unten nach oben allmählich abblüht. Sie haben einen Durchmesser von bis zu 8 Zentimetern, öffnen sich erst bei Einbruch der Dunkelheit vollständig und verblühen bereits am darauf folgenden Tag.
Nachtkerzen sind sehr ausbreitungsstark. Jeder Haupt- oder Nebentrieb trägt bis zu 120 Blüten und in den daraus hervorgehenden Fruchtkapseln reifen ca. 200 Samen. Diese sind nur ein tausendstel Gramm schwer und werden vom Wind verbreitet.
Nachtkerzen bevorzugen trockene und sandige, gern kalkhaltige aber nicht zu nährstoffreiche Standorte, an denen zeitweise hohe Temperaturen herrschen. Bei uns findet man sie oft an Bahndämmen, auf Seitenbereichen von Straßen, Kiesflächen und ähnlichen Standorten.
Die Bestäubung der Nachtkerzenblüten findet meist bereits ca. 30 Minuten nach dem abendlichen Aufblühen statt und zwar überwiegend durch Nachtfalter aus der Familie der Schwärmer, z.B. dem Mittleren Weinschwärmer. Die Nachtfalter werden durch den intensiven Duft der Blüten angelockt.
Die Heimat der Nachtkerzen ist Nordamerika. Bereits im 17. Jahrhundert wurden mehrere Arten als Zierpflanzen nach Europa gebracht und verwilderten bald.
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Oktober 2020)
Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea)
Familie: Korbblütengewächse (Asteraceae)
Als Schüler habe ich mich gewundert, dass die ansonsten himmelblau blühenden Kornblumen im Sommer violett daherkamen. Später erfuhr ich dann, dass es sich bei den lila Vertretern um eine nahe mit der Kornblume verwandte Pflanzenart handelt, die Wiesen-Flockenblume.
Die Wiesen-Flockenblume ist eine Staude und kann mehr als einen halben Meter in die Höhe wachsen. Der Stängel ist meist verzweigt und trägt wechselständig schmale und spitz endende Blätter. Die violetten Blüten stehen an den Enden der Stängel und der Verzweigungen. Sie bestehen aus bis zu 100 Röhrenblüten, von denen die äußeren strahlig ausgebreitet und steril sind. Sie haben ausschließlich Schaufunktion zum Anlocken von Insekten. Die Blütezeit variiert je nach Standort und Unterart von Juni bis Oktober.
Die Wiesen-Flockenblume kommt im gemäßigten und südlichen Europa und Asien verbreitet vor. Man findet sie auf Magerrasen, Wiesen und Wegrändern, besonders auf Böden mit Lehmanteilen. Bei uns wächst sie unter anderem im Naturschutzgebiet Ilmenau-Luhe-Niederung, wo auch die Fotos entstanden sind.
Flockenblumen werden intensiv von Bienen, Hummeln, Schwebfliegen, Schmetterlingen und anderen Insekten beflogen, die hier Nektar und Pollen sammeln und nebenbei für die Befruchtung der Blume sorgen.
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, September 2020)
Sumpf-Ziest (Stachys palustris)
Familie: Lippenblütengewächse (Lamiaceae)
Mit seinen hübschen rosafarbenen Blüten erinnert der Sumpf-Ziest an ein Knabenkraut. Er ist aber ungleich häufiger als ein solches und auch heute noch fast an jedem Weiher und auch am Ufer vieler Flüsse und sogar Entwässerungsgräben zu finden.
Bis zu einem Meter wächst der vierkantige, kurz behaarte Stängel des Sumpf-Ziests empor. Er ist meist nicht verzweigt und mit kreuzgegenständigen Blättern besetzt. Dabei stehen sich zwei Blätter gegenüber am Stängel und das nächsthöhere Blattpaar steht zu dem ersten um 90 Grad gedreht. Wiederum das nächste Paar hat dann die gleiche Ausrichtung wie Paar Nummer eins. Die Blätter haben nur einen sehr kurzen Stiel, können aber bis 12 Zentimeter lang werden. Der Umriss der am Rand gekerbten Blätter ist lanzettlich. Am oberen Ende des Stängels befinden sich bis zu 15 Teilblütenstände quirlförmig mit jeweils bis zu sechs Einzelblüten. Die unteren Quirle stehen in den Achseln der oberen Blattpaare. Die Blütenkronen sind 1,5 bis 1,8 Zentimeter lang und rosa bis purpurviolett. Die Oberlippe ist flach helmförmig, die Unterlippe ist groß, dreiteilig und besonders farbig. Die Seitenlappen sind klein. Die Blütezeit des Sumpf-Ziests beginnt im Juni und währt bis in den September.
Als Pflanze feuchter Lebensräume hat der Sumpf-Ziest, wie viele andere Pflanzen in den letzten Jahrzehnten im Zuge von Melioration und Intensivierung der Landnutzung an Lebensraum eingebüßt. Er ist aber weniger anspruchsvoll wie viele andere Sumpfpflanzen und er wächst auch auf Flächen, die gelegentlich austrocknen. In unserer Gegend muss man nicht lange nach dieser Pflanze suchen – an irgendeinem Grabenufer, einer feuchten Senke, am Fischteich und an den Ufern unserer Flüsse findet man sie.
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, August 2020)
Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris)
Familie: Rosengewächse (Rosaceae)
Die artenreiche Gattung der Fingerkräuter (Potentilla) zeichnet sich normalerweise durch freundliche Farben der Blüten in gelb, weiß und hellrot aus. Das Blutauge fällt da ziemlich aus dem Rahmen mit seinen immer etwas zerzaust wirkenden Blüten in düsterem Weinrot. Noch dazu wächst diese Pflanze an Orten, die kaum ohne Gummistiefel erreichbar sind. Etwas für Enthusiasten.
Das Sumpf-Blutauge bildet einen im Schlamm oder am Boden „kriechenden“ Spross (Rhizom), der über einen Meter lang wird, reich bewurzelt ist und von dem bogig aufsteigende, teils blühende, teils nicht blühende Stängel bis etwa 30 Zentimeter hoch wachsen. Die Blätter an den Stängeln sind in fünf bis sieben schmal-eiförmige Fiedern geteilt, deren Ränder spitz gezähnt sind. Die Blütenstände enthalten jeweils nur wenige Blüten von etwa 2 Zentimetern Durchmesser. Blüten- und Kelchblätter laufen spitz zu und sind düster dunkelrot bis schwarz-purpurn gefärbt. Die Blütezeit fällt in die Monate Mai bis Juli. Die Blüten bieten Nektar und werden gern von Schwebfliegen, Hummeln und verschiedenen Bienenarten aufgesucht.
Wie der Name nahelegt, wächst das Sumpf-Blutauge auf nassem Gelände, das auch flach von Wasser überstaut sein kann. Größere Bestände findet man in Flachmooren und in Sumpfwiesen. Kleinere Vorkommen gibt es an Gewässerufern und Röhricht. Viele solcher Standorte sind durch Intensivierung der Landnutzung verschwunden. Da das Blutauge zudem ungedüngte Flächen braucht, ist es erheblich zurückgegangen.
Das Sumpf-Blutauge kommt bei uns in nennenswerten Beständen nur noch in wenigen naturbelassenen Feuchtgebieten vor und befindet sich gemäß der Roten Liste für Niedersachsen auf der Vorwarnliste (Kategorie „V“).
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Juli 2020)
Turmkraut (Arabis glabra)
Familie: Kreuzblütengewächse (Brassicaceae)
Innerhalb weniger Wochen im Frühling bildet das Turmkraut einen Stängel, der seinem Namen gerecht wird. Ich fand diese unverwechselbare Pflanze im Bereich einer Sandgrube unweit von Winsen.
Der Stängel des Turmkrauts wächst starr aufwärts und ist unverzweigt. Die blaugrünen, länglich-pfeilförmigen Blätter umfassen den Stängel an ihrem Grund und liegen ihm fast an, was die überschlanke Erscheinung der Pflanze noch verstärkt. Die cremefarbenen Blüten haben einen Durchmesser von bis zu sieben Millimetern und stehen in einem endständigen Blütenstand, an dessen Basis Nebenblütenstände ausgebildet sein können. Es sind –familientypisch- vier Blütenblätter vorhanden. Die Früchte des Turmkrauts sind Schoten von um die fünf Zentimetern Länge, die bei älteren Exemplaren unterhalb der Blüten zu finden sind und parallel zum Stängel aufrecht stehen.
Das Turmkraut braucht nährstoffreichen Boden an warmen Standorten, der wenigstens Anteile an Lehm aufweist. Man findet es unter anderem auf Wegrainen und Böschungen, wenn die genannten Bedingungen erfüllt sind. Die Blütezeit erstreckt sich vom Mai bis in den Juli.
Das Turmkraut ist im Landkreis Harburg sehr selten und befindet sich gemäß der Roten Liste für Niedersachsen auf der Vorwarnliste (Kategorie „V“).
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Juni 2020)
Gefleckter Aronstab (Arum maculatum)
Familie: Aronstabgewächse (Araceae)
Vor vielen Jahren im Herbst bekam ich von einem Freund eine Handvoll Erde, in der sich etliche Knollen von wenigen Zentimetern Größe befanden. In den Garten an einen schattigen Ort unter Bäumen und Buschwerk gepflanzt, wächst dort Jahr für Jahr der Gefleckte Aronstab und bildet einen langsam wachsenden Bestand.
Die Blätter des Aronstabes sind 10 bis 20 Zentimeter lang und breit pfeilförmig. Sie sitzen auf langen Stielen und sind auf sattgrünem Grund schwarz gefleckt (Name!). Häufig sind aber auch Pflanzen, die keine Flecken besitzen. Die in den Monaten April und Mai erscheinende Blüte ist im Gegensatz zu den Blättern in keiner Weise gewöhnlich. Die gesamte Blüte ist von einem großen, tütenförmig aufgerollten und oben spitz zulaufenden Hochblatt umhüllt. Das Hochblatt bildet im unteren Teil einen nur oben offenen Kessel. In diesem Kessel befindet sich der eigentliche Blütenstand mit männlichen (Staubgefäße, oben) und weiblichen Teilen (unten). Die Verlängerung der Blütenachse ist steril und ragt als brauner Kolben oben aus dem Kessel heraus. Die Befruchtung der weiblichen Blütenteile besorgen kleine Insekten, insbesondere Schmetterlingsmücken. Diese rutschen an den glatten Wänden des Hochblattes in den Kessel und können diesen zunächst nicht verlassen, weil sie ein Kranz aus steifen Borsten wie in einer Reuse zurückhält. Waren die Insekten bereits in einem anderen Aronstab-Kessel, bringen sie Pollen mit, den sie auf den weiblichen Blüten ihrer neuen Wirtspflanze verteilen. Erst danach und nach kurzer Zeit reifen die männlichen Blütenteile und überschütten die Gast-Insekten mit neuem Pollen.
Inzwischen erschlaffen die Borsten und geben den Eingang des Kessels für die unfreiwilligen Gäste frei, von denen sich nicht wenige anschließend im nächsten Blütenkäfig wiederfinden, wo sich das Spiel wiederholt.
Nach der Befruchtung der Blüten erschlafft das Hochblatt und die weiblichen Blüten bilden einen Kolben dicht an dicht sitzender Beeren, die zunächst grün sind und sich bei ihrer Reife im Lauf des Sommers rot färben.